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Rechtsmedizin - Scharfe Gewalt


 

Definition

Unter scharfer Gewalt versteht man Einwirkungen von Werkzeugen mit Klingen bzw. klingenartigen Gegenständen auf den menschlichen Körper, sodass Verletzungen entstehen. Durch einige Werkzeuge ohne Klingen können besondere Formen scharfer Gewalt auftreten.

In Hinblick auf die Befundmuster können die Verletzungsinstrumente eingeteilt werden in:
Verletzungen durch scharfe Gewalt werden selbst oder durch fremde Hand beigebracht. Unfälle sind selten.

Biomechanische Grundlagen
Besonders bei Schnitt- und Stichverletzungen stehen die Zusammenhangstrennungen der Gewebe und Organe im Vordergrund. Zugspannungen sind nicht von Bedeutung. Daher finden sich im Innern der Wunden keine Gewebsbrücken und die Wundränder sind nicht unterminiert. Verletzungen durch scharfe Gewalt treten im Gegensatz zu Riss-Quetschwunden am gesamten Körper auf, da für ihre Entstehung ein knöchernes Widerlager keine Voraussetzung darstellt.
Scharfe Werkzeuge mit hoher Masse können an der Haut neben den Befunden durch scharfe Gewalt gleichzeitig auch solche durch stumpfe Gewalt verursachen. Die Durchtrennungsränder werden gedehnt und über die Klingenblätter gezogen, woraus saumartige Schür fungen und in der Umgebung Dehnungsrisse resultieren. Zerreißungen des angrenzenden Gewebes kommen vor. Werkzeuge wie Bohrer und
Sägen führen zu Substanzverlusten.

Schnitte
Schnittwunden entstehen durch tangentiale, teils parallele Einwirkung von Schneidwerkzeugen auf die Körperoberfläche. Dabei werden Haut und Unterhaut, seltener die Muskulatur und die darunterliegenden
Organe bzw. Knorpel und Knochen verletzt. Schnittverletzungen werden am häufigsten infolge von Selbstbeibringung beobachtet, gelegentlich bei Unfällen, durch fremde Hand werden sie nur selten gesetzt.

Äußere Wundmerkmale
Innere Wundmerkmale
 Für Wunden infolge scharfer Gewalt gilt: Ist das Verhältnis der Länge einer Hautwunde  zur größten sondierbaren Tiefe > 1, handelt es sich um eine Schnittwunde. Ist dieses Verhältnis < 1, liegt eine Stichwunde vor.

Selten bestehen kombinierte Schnitt-Stichwunden, die ein Längen-Tiefen-Verhältnis um 1 aufweisen.

„Pulsaderschnitte “
„Pulsaderschnitte“ sind zwar die häufigsten Verletzungen bei Suizidversuchen, zum Tod führen
sie aber selten (BRD im Jahr 2006: 102 registrierte Fälle).
Typische Merkmale sind:

Ein tiefgreifender Schnitt
Meist besteht an der Beugeseite des Handgelenks nur ein quer verlaufender tiefgreifender Schnitt. Selten erfolgt die Schnittführung in Längsrichtung. Tiefere Schnitte können die A. radialis, seltener die A. ulnaris durchtrennen. Da es sich um Arterien vom muskulären Typ handelt, kann es zur Retraktion der Gefäßenden kommen, wodurch ein schnelles Verbluten verzögert wird.

Probierschnitte am Handgelenk
Oft werden mehrere, zum tieferen Schnitt parallel verlaufende oberflächliche Hautschnitte gesetzt. Davon
können einzelne durch die Subkutis bis in die Muskulatur reichen. Häufig werden Venenäste durchtrennt. Wegen des positiven Venendrucks im Bereich der Arme ist die Gefahr einer Luftembolie nicht gegeben. Manchmal bestehen zusätzlich Hautanritzungen in anderen Körperregionen.

Todesursächliches Verbluten ist möglich, wenn eine der großen Arterien zumindest eröffnet ist.

Halsschnitte
Im Jahr 2006 wurden in Deutschland 51 Suizide durch Halsschnitt erfasst. Noch seltener sind Halsschnitte bei Tötungsdelikten. Für Suizide ist charakteristisch:

Ein tiefgreifender Schnitt
Dabei handelt sich zumeist um die tödliche Verletzung. Sie verläuft bei Rechts händern oft am Hals von links
oben nach rechts unten. Dadurch können Kehlkopf, Venen oder Arterien eröffnet werden. Sehr selten
ritzen Schnitte die Halswirbelsäule an – ein Befund, der eher für eine Fremdeinwirkung sprechen soll.


Abb. 1: Halsschnitt mit Probierschnitten.
Suizid eines 46-jährigen Depressiven.

Probierschnitte am Hals
Oberflächliche Hautschnitte, die parallel zum Hauptschnitt verlaufen oder ineinander
übergehen (z Abb. 1). Verletzungen am Hals im Sinne von Probierschnitten kommen sehr selten auch bei
Tötungsdelikten vor.

Probierschnitte in anderen Körperregionen
Zusätzlich können Probierschnitte auch in anderen Regionen vorhanden sein, z. B. an der Stirn, am Rippenbogen, an Armen und Beinen.
Todesursächlich, teils auch in Kombinationen,
sind:
Stiche
Stichwunden werden durch senkrechte oder schräge Einwirkung von Stichwerkzeugen auf die Körperoberfläche verursacht. Die Klingen der Werkzeuge oder klingenähnliche Gegenstände müssen
über eine Spitze verfügen. Es entsteht ein Stichkanal, der die Haut, die Unterhaut sowie die darunter liegenden Weichteile, häufig auch die Organe verletzt und auf Knochen enden kann. Stichverletzungen sind bis zum Beweis des Gegenteils primär immer als lebensgefährlich anzusehen, insbesondere wenn Körperhöhlen eröffnet sein könnten. Stichwunden werden vor allem durch Fremdeinwirkung verursacht. Im Rahmen von Selbstbeibringungen sind sie selten zu beobachten.

Äußere Wundmerkmale
Innere Wundmerkmale
Zusammenfassung



 


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